Német : Ein Auto, das Wind tankt und mit Sonne fährt |
Ein Auto, das Wind tankt und mit Sonne fährt
welt 2009.05.02. 14:59

Das Elektroauto Venturi Eclectic sieht aus, als wäre er geradewegs aus einem Comic heraus gefahren. Doch der Eclectic ist nicht die kühne Vision eines Öko-Flitzers aus der Werkstatt von Daniel Düsentrieb. Den luftigen Dreisitzer, der nur Wind und Sonne tankt, kann man bald kaufen.
Das eigentlich besondere am Elektroauto Venturi Eclectic ist nicht sein verschrobenes Aussehen. Vielmehr ist es ungewöhnlich, dass man ihn bald wirklich kaufen kann. Im Sommer soll die Produktion beginnen.
Elektroautos liegen im Trend. Egal ob Tesla Roadster, Chevrolet Volt oder VW Space Up! Blue – sie alle fahren mit Strom, stoßen keine Schadstoffe aus und zehren nicht an den ohnehin schon knappen Benzinreserven, argumentieren die Entwickler. Und haben dabei nur zur Hälfte recht: Die Autos selbst produzieren tatsächlich keine Abgase und tanken an der Steckdose. Aber irgendwo muss der Strom ja herkommen, werfen Kritiker ein und befürchten den Bau weitere Kohle- oder Kernkraftwerke. Und noch zwei Nachteile eint die vielen Elektrokonzepte, mit denen die Industrie derzeit experimentiert: Ihnen allen fehlt die leistungsfähige Batterie, und sie alle gibt es bislang nur als Prototypen, die auf absehbare Zeit noch nicht zu kaufen sind.
Dass es auch anders geht, zeigt die Sportwagenschmiede Venturi aus Monaco, die neben dem rassigen Roadster Fetish auch den ebenso eigenwilligen wie charmanten Electic baut und den luftigen Dreisitzer als weltweit erstes Auto feiert, das vollkommen autonom und unabhängig von allen Energiequellen unterwegs ist. Der stilistisch irgendwo zwischen Mini Moke und einer liegenden Telefonzelle auf Rädern angesiedelte Wagen fährt ebenfalls mit Strom. Doch statt an der Steckdose und damit beim nächsten Kraftwerk zapft er bei Mutter Natur direkt vom Himmel. Der Eclectic fährt mit der Energie von Sonne und Wind.
Dafür haben die Franzosen auf dem Dach des futuristischen Golf-Wägelchens eine 2,5 Quadratmeter große Solarzelle montiert, die bei schönem Wetter genügend Strom für sieben Kilometer Fahrstrecke liefert. Allerdings braucht sie dafür etwas Zeit: Während der Fahrer eine Stunde Kaffeepause an der Strandpromenade macht, sammeln die Sonnenkollektoren gerade mal genügend Saft für einen Kilometer. Wem das zu langsam geht, der kann für seinen Eclectic noch bis zu drei Windräder bestellen, die gut mannshoch sind und wie ein Sonnenschirm oder ein Fähnchen am Golf-Loch kurzerhand ins nächste Blumenbeet gerammt werden. Auch sie produzieren Strom, der in Nickel-Metallhybrid-Akkus gespeichert wird und nach einer stürmischen Nacht für weitere 15 Kilometer reicht. Und falls Petrus überhaupt nicht mitspielt, kann man die Batterien auch an der Steckdose laden und so eine Reichweite von 50 Kilometern erzielen.
Natürlich sind die Fahrleistungen mit einem konventionellen Auto kaum zu vergleichen: Denn der im Elektromotor leistet gerade einmal 22 PS und schafft höchstens 50 km/h. Weil der Eclectic allerdings auch nur 350 Kilogramm wiegt und bei Elektromotoren anders als bei Verbrennern die maximale Anzugskraft schon mit der ersten Umdrehung zur Verfügung steht, kommt man im Stadtverkehr überraschend zügig voran. An der roten Ampel ist der eigenwillige Renner deshalb immer vorn dabei: Einfach den Schalter für „vorwärts“ gedruckt, das Pedal durchgetreten, und schon schnurrt der saubere Charmeur zügig davon.
Solange das Wetter gut ist, hat man dabei nicht nur ein reines Gewissen, sondern auch ein sonniges Gemüt. Zwar verhindern die Solarzellen auf dem Dach den freien Blick zum Himmel, den man vom Cabrio kennt. Doch statt einer stabilen Karosserie hat der Eclectic lediglich ein paar transparente, mit Reißverschlüssen zusammengehaltene Zeltplanen, die man mit wenigen Handgriffen öffnen und wie beim Mini Moke aufrollen kann. Wer dann einsteigt und losfährt, fühlt sich wie in einem fahrenden Gartenpavillion.
Auf die Autobahn darf und auf eine Landstraße will man mit diesem Vehikel gar nicht fahren. Aber für den Alltag und vor allem für lange Strecken hat Venturi den Eclectic auch nicht gemacht. Vielmehr sehen die Monegassen ihr jüngstes Modell vor allem als Fahrzeug für die Innenstadt, für Firmen mit gutem Gewissen oder als Shuttle zwischen Golfplätzen, Hotels und Strandpromenaden, sagt Pressesprecherin Marianne Hollande und berichtet von den ersten ernsthaften Reservierungen. Noch müssen die Kunden ein wenig warten, doch zu Preisen ab 24.000 Euro plus Steuer soll im kommenden Sommer die Produktion von erst einmal 200 Autos beginnen, sagt Hollande.
Der Eclectic ist nicht der einzige Stromer im Venturi-Programm. Parallel haben die Monegassen den Elektroroadster Fetish entwickelt, der ausschließlich an der Steckdose tankt und bereits im April an den Start geht. Als französische Antwort auf den Tesla Roadster sieht er nicht nur deutlich besser aus als der Eclectic – er fährt auch sehr viel dynamischer. Allerdings liegt auch der Preis auf einem anderen Niveau: „297.000 Euro plus Steuern wird der Fetish kosten“, gesteht Madame Hollande ein.
Und die Pläne für weitere Modelle laufen: Bereits vor gut einem Jahr hat Venturi den Solar-Renner Astrolab vorgestellt. Im Gegensatz zum Eclectic hat er zwei statt drei Plätze, kommt ohne Dach aus und bietet nicht ganz so viel Sitzkomfort – fährt dafür aber deutlich schneller und weiter. Weil die Solarzelle dort fast vier Quadratmeter misst, das Gewicht auf gut 200 Kilo gedrückt wurde und der Akku mehr Speicherkapazität bietet, kommt der Zweisitzer über 100 Kilometer weit – und das mit bis zu 120 Sachen. Allerdings nur, wenn unterwegs die Sonne scheint.
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